Foto © Marion von der Mehden

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Fiction

Die Ausbildung zum Spielfilmkameramann unter Michael Ballhaus in Hamburg und der Festivalerfolg meines Abschlussfilms ermöglichten mir den Einstieg in die Welt der szenischen Filmproduktion. Bei Hinter Gittern lernte ich, im rauen Alltag der industriellen Fernsehserienherstellung mit einem streng reglementierten Zeitbudget zurechtzukommen. Beim Kinofilm Sophiiiie! (Wettbewerb Filmfest Locarno) konnte ich bei einer szenischen Produktion meine dokumentarische Erfahrung einbringen, um eine spontane, durch die Dogma-Bewegung inspirierte Kameraführung zu realisieren. Es folgten verschiedene Fernsehfilme und -serien, unter anderem zwei Tatort-Folgen, eine sehr experimentierfreudige Baal-Verfilmung, Krimis, Komödien, Familien- und Kinderfilme, und der Kinofilm Unter Strom.

Non-fiction

Es war aber nie meine Absicht, den Dokumentarfilm hinter mir zu lassen, nach Abschluss des Filmstudiums teilte ich meine Arbeitszeit zwischen szenischen und dokumentarischen Produktionen, seit geraumer Zeit bin ich wieder ausschließlich dokumentarisch unterwegs.

Unverfälschte Realität

Die Arte-Reihe Durch die Nacht mit… wurde von der Grimme-Preis-Jury beschrieben als „einzigartig im deutschen Fernsehen, erlaubt sie doch Einblicke in Werk und Psyche bekannter Menschen aus der Welt der Kultur, die in keinem anderen Format in dieser Form zu sehen sind.“ Ein wesentlicher Grund dafür ist das Kamerakonzept, das ich in den ersten Sendungen mitentwickelte, und das auf den Grundsätzen des Direct Cinema fußt: Das Treffen der beiden Protagonisten wird pausenlos von zwei Handkameras verfolgt. Nichts ist für die Kamera gestellt, es wird nie unterbrochen oder wiederholt; Ziel ist, dass die Anwesenheit der Kameras das Geschehen nicht beeinflusst, dass die Kameraleute möglichst unauffällig agieren und mit der Zeit von den Protagonisten vergessen werden. Diese puristische Form des dokumentarischen Drehens ist selten geworden, daher war es, solange es die Reihe gab, bei mehr als 50 Produktionen immer wieder eine stimulierende und bereichernde Erfahrung, eine neue Folge zu drehen.

Inszenierte Realität

Mit Raymond Leys Dokudramen Eschede – Zug 884 und Die Kinder von Blankenese entdeckte ich eine Mischform, für die mich mein Werdegang prädestinierte. Die Filme Leys sind keine mit Reenactments aufgepeppten Geschichtsnacherzählungen, sondern Spielfilme mit dokumentarischem Unterbau. Die Spielszenen werden zwar mit den Mitteln des fiktionalen Films gedreht, aber mit einem dokumentarischen Ansatz bei der Kameraführung. Das bedeutet nicht zwangsläufig Handkamera, sondern ist eher eine Frage der Haltung. Beim Drehen setzen wir uns laufend auseinander mit der Verantwortung gegenüber dem Zuschauer, bei aller Dramatisierung der historischen Ereignisse nichts zu verfälschen. Dabei werden Wahrheit und Authentizität auch in Bezug auf das subjektive und emotionale Empfinden der Zeitzeugen verstanden.

Subjektive Realität

Stroke, mehrfacher Preisgewinner beim DOK Leipzig, ist ein sehr persönlicher „Tagebuchfilm“. Ich war für die visuelle Gestaltung der Erzählebene von Erinnerungen, Träumen, Gedanken und Visionen verantwortlich. Zusammen mit Regisseurin Katarina Peters entwickelte ich eine Ästhetik, die sich deutlich vom vorhandenen Videomaterial unterschied. Um subjektive Doppelbilder zu drehen, entwickelten wir sogar einen eigenen Aufnahmeapparat bestehend aus zwei zusammengekoppelten 35mm-Kameras. So erzählt der Film nicht nur auf einer realen- sondern auch auf einer inneren, subjektiven Ebene.

Raue Realität

Schließlich die Reportage, das tägliche Brot der meisten Dokumentaristen. Trotz Formatzwängen und der Notwendigkeit, eine vorgefertigte Dramaturgie zu bedienen, kann die Reportage eine sehr freie Form sein, die die Verwendung verschiedenster Stilmittel zulässt. Das ist spannend für einen Kameramann. Durch meine Arbeit für 360° – GEO Reportage (20 Filme, eine Nominierung für den Deutschen Kamerapreis) und andere Sendungen habe ich weltweit ein Vielzahl von Menschen kennengelernt und porträtiert.

Abgebildete Realität

Ich bin jedes Mal dankbar, vorübergehend am Leben meiner Protagonisten teilhaben zu dürfen und spüre im Gegenzug eine Verantwortung, sie unverfälscht darzustellen. Auch wenn die Bedingungen oft alles andere als ideal, ja manchmal sogar gefährlich sind, macht es die Arbeit im kleinen Team möglich, für kurze Zeit eine intime Verbindung zu Menschen aufzubauen, die man sonst nie kennengelernt hätte. Es fasziniert mich, diese Einblicke in eine andere Welt für den Zuschauer zu gestalten.

Beschleunigte Realität

In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit den Möglichkeiten der Zeitrafferfotografie auseinandergesetzt und kann, wenn es zur Geschichte passt, schnell und unkompliziert mit eigenem Equipment diesen spannenden Stilmittel einsetzen.